
Staunen weckt die Kirche in Oberstrass, 1908–1910 von Otto Pfleghard und Max Haefeli erbaut, den Architekten der Kreuzkirche in Hottingen. Ausdrucksvoller könnte der Entwicklungsschritt nicht sein! «Schlicht und schmucklos» bezeichnet Otto Pfleghard den Bau, einfacher Ausdruck der inneren Form: eine Saalkirche mit Satteldach, eine Apsis, der Turm neben der Hauptfassade, im Winkel zu einem seitlich ans Langhaus angebauten Annex. Pilaster, dazwischen Wandfelder mit breiten Drillingsfenstern, gliedern aussen das Quadermauerwerk. Innen erinnert der Kirchenraum an katholische Kirchen der dreissiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Kanzel fällt aus dem primären Blickfeld, sie wirkt zur Seite geschoben. Im Blickpunkt steht der Taufstein in der Form des Abendmahltisches. Verwunderung weckt das Wandbild an der Apsiswand: Vor tief blauem Hintergrund mit goldenem Fugenstrich bringen Engel der zentralen Christusfigur ihre Gabendar: Buch und Kelch, Lilien, Kränze und Palmzweige. Dazu die Inschrift «Christus gestern heute und derselbe in Ewigkeit. Hebr. XII.8». Eine im Scheitel der Apsis versteckte Laterne mit roten Gläsern hüllt das Relief von Georg Burgstaller in geheimnisvolles Licht. Nebst der Kanzel sind auch Orgel und Sängerempore auf die Seite, in eigene Anbauten gerückt. Unter den reformierten Kirchen der Stadt Zürich bleibt die Kirche Oberstrass ein eigenwilliger Bau.
Die Kirche Oberstrass bildet in Anknüpfung an das konventionelle vorreformatorische Kirchenschema eine Weiterentwicklung des protestantischen Predigtraumes, indem dieser auf die als «Konfirmationsplatz» bezeichnete Apsis mit Abendmahltisch ausgerichtet ist; die Kanzel fällt hingegen aus dem primären Blickfeld. Die ausdrücklich beschworene Funktionalität, die Form- und Materialwahrheit hat die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts führende Zürcher Architekturfirma Pfleghard & Haefeli mit diesem Kirchenbau beispielhaft verwirklicht. Neben erstklassigem Material und bester Verarbeitung ist die vorzüglich erhaltene Originalbausubstanz hervorzuheben.
Langrechteckiges Schiff mit halbkreisförmiger Apsis im Nordosten, Hauptfassade mit vorgebautem Hauptportal, quadratischem Turm und Treppenhaus im Südwesten, Unterweisungsräumen im Nordwesten und angebautem Pfarrhaus im Südosten. Die verschiedenen Baumaterialien sind gliedernd und akzentuierend eingesetzt, die Ornamentik gehört zum späten Jugendstil. Im Innern grossräumiger flach gedeckter Saal, über dem Eingang und an der Nordwestseite durch Emporen erweitert. Halbkreisförmige Apsis mit Reliefarbeit von Georg Burgstaller, als Hintergrund eine Quadermalerei in dunklem Blau mit Goldfugen. Seitlich davor Kanzel, in der Mittelachse Taufstein/Abendmahltisch.
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Quelle: Hochbaudepartement der Stadt Zürich: Reformierte Kirchen der Stadt Zürich. Spezialinventar. 2006 Zürich.
Die Kirche Oberstrass gehört zum Kirchenkreis sechs.
Mit ihrer markanten Lage am Abhang des Zürichberges bildet die Kirche Oberstrass ein lebendiges Zentrum und einen Ort der Begegnung. Ihre hervorragende Akustik wird von vielen Orchestern und Chören für Konzerte genutzt.
1730Glasmalerei mit musizierenden & singenden Kinder, Joseph von Moos | Glaswappenscheiben Walter Jäggli-Fröhlich | Glasgemälde mit Darstellung von Grossmünster & Limmatfront, Georg Röttinger | Reliefarbeit in Apsis mit 12 Engeln, Georg Burgstaller
1730Am 10. Januar 2000 entzündete sich im Kirchenschiff ein Brand, worauf die Kirche renoviert werden musste.
1730Die im Brand beschädigte Kuhn Orgel aus dem Jahr 1975 wurde im 2000 ersetzt. Heute ist eine 12-registrige Pfeifen-Orgel von Orgelbauer Trost am Spieltisch der Allen-Digital-Orgel angeschlossen und von dort spielbar.
Erbauer: Allen Organ Company, USA | Baubeginn: 2000
1730Stapferstr. 58, 8006 Zürich
Montag bis Freitag, 9–16 Uhr
173007.11.2022