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EIN SCHRITT ÜBER DIE GRENZE


Eine schöne Herbstreise mit den Teilnehmern der Werk.Statt.Flucht führte uns ins sonnige Tessin. Durch den langen Bahntunnel ins Sottoceneri gelangt, durchkreuzten wir das mondäne Lugano, diese Stadt mit den seelenlosen Geld- und Konsumtempeln. Am Lago Ceresio sitzend, unsere Blicke auf den See und die Berge gereichtet, wollten die Flüchtlinge wissen, wo wir denn übernachten würden. Das Dörfchen Pugerna, wenigen bekannt, lag gut sichtbar oberhalb den Felsen am gegenüberliegenden Ufer. Die kurze Bootsfahrt nach SanRocco, brachte uns in die Cantine SanRocco. Endlich der Genuss des ersten Cappucinos unter den letzten Sonnenstrahlen - die alsbald hinter dem Salvatore verschwanden.

In Pugerna erwartete uns ein feiner «Brasato al  Merlot con Polenta», zubereitet im Kupferkessel über dem Holzfeuer – ein Gaumenschmaus. Die Touristensaison nahte dem Ende. Nur wenige Gäste waren noch im Dorf, es war sehr ruhig. Hörte man genau hin, nahm man ab und zu die Güterzüge des gegenüberliegenden Seeufers wahr.

Der folgende Tag brachte uns nach kurzer Wanderung auf felsigem Weg hinrunter nach Campione, der italienischen Enklave neben dem Damm von Melide. Die Wirtin/ Köchin in Pugena sagte uns am Abend zuvor, dass wir besser alle einen Ausweis dabei haben sollten, denn die Polizei in Campione mache vermehrt Personenkontrollen. Drei unserer Flüchtlinge hatten keinen Ausweis(*) – ich beruhigte die Drei mit dem Satz, dass die italienische Polizei am Morgen erst um zehn Uhr erwachen würde. Unsere Gruppe wanderte durch das stille Dorf und die Treppen des grossen Casinos hinunter zum Seeufer. Die drei Migranten ohne Ausweis waren sehr nervös, als dann ein Polizeiauto auf dem nahezu leeren Parkplatz auffuhr und dort stehenblieb. Wir plauderten etwas angespannt und warteten auf den Bus, der uns nach Lugano bringen würde.

Wir bewegten uns nicht, plauderten weiter, richteten unsere Blicke auf das Casino, machten Fotos. Kein Polizist kam zu uns herüber, kurz bevor der Bus ankam fuhr das Polizeiauto fort. Wir waren es offensichtlich nicht wert, einer näheren Kontrolle unterzogen zu werden.
Allzu deutlich spürten wir, was es heisst als unerwünschte Person eine Grenze zu überschreiten!
Ein kleiner Verdacht seitens der Polizei, und unser Ausflug ins Tessin hätte vielleicht ein trauriges Ende genommen.

So setzten wir unsere Reise nach Lugano und Ponte Tresa fort. Das Dorf Sessa war unser Ziel. Wir erreichten es um 11 Uhr. Der grosse Friedhof beherbergt viele Schlangen und Eidechsen, die sich auf den wärmenden Grabplatten sonnten. Unser Wanderziel, etwas oben gelegen, hiess «Minerea d’Oro», eine von acht Gesteinsminen, wo vor Jahrhunderten nach edlen Metallen gegraben wurde. Die Wanderung durch die Kastanienwälder war erfrischend. Oben angekommen, wurden wir ausführlich über die Minengeschichte und die Gesteinsarten aufgeklärt. Dass wir nun mit unseren Füssen auf der afrikanischen Erde (Erdplatte) standen, war geradezu symbolisch; sind doch alle unsere Migranten im südlichen Kontinent aufgewachsen und danach geflüchtet auf die eurasische Kontinentalplatte. Zurück in Lugano war noch der Genuss der «Gelato Ticino» angesagt, bevor wir dann in rasendem Tempo dem Gotardo entgegen fuhren.

Die kurze Reise in Tessin war für uns eine schöne und eindrückliche Abwechslung – immer im Bewusstsein, dass Millionen von Menschen Grenzen überschritten hatten und weiterhin überschreiten werden – viele werden davon abgehalten ins Land ihrer Hoffnung zu gelangen. Grenzmauern wachsen in die Höhe, Herzen werden gebrochen, Blut fliesst, Wasser dringt in ihre Lungen. Für allzu viele Flüchtlinge ist dies schwer zu ertragen.

* abgewiesenen Flüchtlingen wird der Ausweis vom Migrationsamt entzogen.

Hans Leu. Leiter Werk.Statt.Flucht

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Fastenwoche in Schwamendingen1

B&B «BILDUNG UND BEGEGNUNG»


Unser diesjähriger Ausflug fand am 29. Juli 2022 statt und führte nach Einsiedeln.

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