
Die Kirche Unterstrass steht majestätisch auf einer Anhöhe inmitten einer kleinen Parkanlage mit markanten Bäumen und bildet zusammen mit dem Pfarrhaus und dem Schulhaus ein städtebauchliches Ensemble. Der ursprünglich längsgerichtete neugotische Sichtbackstein mit Chor im Osten und Frontturm über dem Haupteingang im Westen ist eine historische Kirche des Basler Architekten Reber.
Die Region Unterstrass war zuerst nach der Gemeinde Grossmünster und ab 1614 nach der Predigerkirche Zürich kirchgenössig. Seit dem 14. Jahrhundert gab es aber ein Siechenhaus mit St. Moritzkapelle, welche später durch die Kirche Unterstrass ersetzt wurde. Die Bevölkerung von Unterstrass wuchs stark zwischen 112 und 1880 von 490 auf 3'342 Anwohner, weshalb der Basler Architekt Paul Reber mit einem Kirchenneubau beauftragt wurde. In Basel wurde zu der Zeit gerade die neugotische Elisabethenkirche erstellt, welche mit ihrem mittelalterlichen Charme Architekten wie Paul Reber faszinierten. Innert zwei Jahren wurde ein neugotischer Sichtbacksteinbau mit einem über dem Eingang triumpfierender Fassadenturm reaslisiert und konnte 1884 geweiht werden.
Aussen ist der Chor in den orthogonalen Baukubus integriert, anders im Innern: Im schmalen Chrobogen steht die Kanzel, die Rückwand trennt das dahinter liegende Unterrichtszimmer vom Kirchenraum - eine gotische Kirche mit Langhaus und erhöhtem Chor für den reformierten Gottesdienst.
Paul Reber erkennt den Widerspruch; in der Basler Nachristen schreibt er: "Diese mittelalterlichen Kirchenbauwerke waren für den katholischen Gottesdienst bestimmt, bei welchem der Altardienst eine hervorragende Bedeutung hat, die durch den Chorbau in ausdrucksvoller Weise stilistisch motiviert wurde. Für den protestantischen Cultus hat aber der Chorbau, die Priesterkirche, keine Berechtigung mehr [...] Wird aber der Altar mit dem Chorbau preisgegeben, so tritt die Frage in den Vordergrund: Was wollen wir an seiner Stelle setzen? Die Antwort liegt nahe; an Stelle dessen, was verdrängt wird, trete das, was den Kern des reformierten Gottesdienstes bildet: das von der Kanzel verkündete Wort. Nicht bescheiden an eine Säule gedrückt, oder einem Schwalbenneste gleich an einen Eckpfeiler der Vierung geheftet, soll die Kanzel der Gemeinde gegenübergestellt werden. Die Kanzel gehört in die Mitte, in den vollen Gesichtskreis der Kriche. Wir wollen eine Prediger- und keine Opferkirche, in welcher der Redner von allen Seiten gut gesehen und deutlich verstanden wird." (Abgedruckt in: SBZ14 (1889) ,S. 115.)
Längsgerichteter Innenraum gegen Chorbereich, Zustand bis 1962, BAZ
Quergerichteter Innenraum nach Umbau in den sechziger Jahren, Foto: Vanessa Sennrich, 2020
Im 1910/11 wurde die Kirche von Architekt Ch. Conrad umgebaut, die Seitenemporen wurden bis zur Kanzelwand weitergeführt und das Gebäude um seitliche Treppenhäuser und ein Unterweisungszimmer erweitert. Mit der Einweihung der Pauluskirche im 1933 wurde dann die Kirchgemeinde Unterstrass geteilt - eine Unterteilung die erst durch den Zusammenschluss mit Oberstrass, Matthäus und Letten zu einem Kreis im 2019 aufgehoben wurde. Im Innern zur Querkirche wurde die Kirche erst in den sechziger Jahren dank Architekten Max Schucan und Max Ziegle; gleichzeitig wurden die neugotischen Schmuckelemente entfernt. Im 1965 gestaltete Franz Karl Opitz die charakteristischen Fenster auf der westseite, welche er 1997 durch die abstrakten Fenster auf der Ostseite ergänzte. In 1983/84 erfolgte zudem der Bau des "kirchlichen Zentrums Unterstrass", einem halb unterirdischer Saal zwischen der Kirche und dem ehemaligen Pfarrhaus an der Turnerstrasse 45.
Neben der Kirche Bühl in Zürich-Wiedikon steht nun also eine weitere historische Kirche des Basler Architekten Reber in Zürich, eingebettet in eine kleine Grünanlage in Zürich-Unterstrass. Nicht nur die Materialien (Sichtbacksein, Sandstein, Holz), sondern auch der Stil dieser neugotischen Saalkirche zeichnen die Kirche als Neuheit im reformierten Kirchenbau der Stadt Zürich aus. Heute präsentiert sich die in den neunziger Jahren restaurierte Kirche in schlichtem Kleid mit moderner Innenausstattung.
Photochrom Print Collection, The Church of Unterstrasse, Zurich, Switzerland-LCCN2001703373, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Die Kirche Unterstrass gehört zum Kirchenkreis sechs.
„Dann, wenn das Licht den Raum in die Farben Rot, Grün und Blau hüllt. Blau, Rot und Grün für Glaube, Liebe und Hoffnung.“ - Fensterkunst von Franz Karl Opitz
1730Turnerstrasse 47, 8006 Zürich
Dienstag bis Samstag,
11.00 - 18.00 Uhr
baujahr | künstler | |
1883 | Franz Karl Opitz | |
architekt | garten | |
Paul Reber |
Im Inventar der schützens- werten Gärten und Anlagen |