Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?
Paul Klee hat den programmatischen Satz geprägt: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“. Wenn man diesen Satz auf die Gleichnisse Jesu anwendet, wird deren Lektüre erst interessant. Sie werden dann zu Kunstwerken.
Lange hat man gemeint, Gleichnisse seien blosse Illustrationen von Gedanken, die sich eigentlich auch bildlos ausdrücken liessen. Nur weil Bilder eingängiger seien als abstrakte nackte Gedanken – nur deshalb habe Jesus in Gleichnissen gesprochen.
Doch stellen wir uns vor, Jesus sei wirklich einer von jenen gewesen, welche die Götter lieben: ein Künstler. Dann wären seine Gleichnisse nicht bloss Verbildlichungen, sondern wahre Bilder. Sie würden, mit den Worten Klees gesagt, nicht das Sichtbare wiedergeben, sondern sichtbar machen. Sie würden der Deutung einen unendlichen Raum eröffnen und nicht nur pädagogisch belehren, als wäre der Sinn des jeweiligen Gleichnisses dieser und kein anderer.
Und wir, wir würden die Gleichnisse hören, als wäre es das erste Mal. Auch den „verlorenen Sohn“, „die klugen und die törichten Jungfrauen“, „das Senfkorn“ und „die vierfache Saat“. All die Geschichten, die wir schon tausendfach gehört haben, würden wir neu hören. Würden neu sehen, was sie sichtbar machen, ohne definierte Ideen, ohne fixe Konzepte. Würden staunen und die alten Geschichten neu auf uns wirken, neu an uns wirksam werden lassen.
So soll es sein.
Andreas Fischer
Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?