Wie es oft so geht. Man ist in Gedanken woanders, achtet nicht auf den Weg, und schon passiert es: Man stolpert über eine Unebenheit, einen Pflasterstein, der hervorsteht, oder eine Wurzel, die sich über den Weg geschoben hat. Im letzten Moment kann man sich auffangen…
Stolpern trifft einen völlig unerwartet. Das letzte Mal als ich gestolpert bin, endete das mit einem Bruch der Mittelhandknochen. Seither gebe ich Acht beim Gehen und konzentriere mich auf das, was vor meinen Füssen liegt. Stolpern ist mit einem Schreckmoment verbunden. Der ist heilsam und wichtig. In Zukunft werde ich die Augen offen halten, mich besser festhalten, mein Gleichgewicht trainieren, mich weniger ablenken lassen. Stolpern löst etwas aus. Ich werde mir einer Schwäche bewusst. Ich beurteile eine Situation neu. Ich mache mir über Alternativen Gedanken. Stolpern setzt etwas in Gang, macht aufmerksam auf Dinge, die ich ausgeblendet habe, hält Einsichten bereit und eröffnet einen neuen Blick.
In unserer neuen Kolumne «Worüber ich gestolpert bin» schreiben Autor:innen über persönliche Erlebnisse und Erkenntnisse in sogenannten Stolper-Situationen.
Für das Redaktionsteam Pfarrerin Hanna Kandal
Am Nachmittag musste ich noch etwas wegräumen von den Arbeiten, die wir am Morgen erledigten. Draussen sah ich einen circa 60 jährigen Mann an zwei Gehstöcken, er ging in die Kirche hinein. Als ich durch den Kirchenraum lief, um Geräte zu versorgen, sah ich ihn auf der vordersten Bank sitzen, mit dem Blick zur Kanzel.
Er hielt mich für den Hauswart und fragte umgehend, ob er hier beten dürfe. Ich schritt auf ihn zu und sagte, ja, dafür sind offene Kirchen da. Nun kam die Überraschung, er erwiderte freundlich, dass er schon mehrmals hier sass um zu beten, denn sein Leben könne er ohne beten nicht bewältigen. Er spüre in dieser Kirche, dass schon viele Menschen Gebete gesprochen haben und hier eine tiefe Gottesbeziehung möglich sei. Die grossen Fenster mit den Engeln und den Jesus gerade vor sich, geben ihm Kraft und viel Zuversicht. Er sei aber nicht geimpft, das wolle er mir sagen, nicht dass er hier eine Regel verletze, fügte er hinzu. Er spreche immer den Psalm 91, den kenne er auswendig. So sprach er den ganzen Psalm 91 in perfektem Deutsch, fehlerfrei, wie ich beim Nachlesen herausfand. Ich war erstaunt, wie er den Text so klar sprechen konnte aus seinem Herzen heraus.
Als ich dann nochmals das Querschiff von Turmecke zum Seitenausgang durchschritt, sah ich ihn vorne mit weit ausgebreiteten Armen, still betend. Es freut mich sehr, dass unsere Kirche für Menschen offen stehen kann, ich wünschte mir, dass dies die ganze Woche so sein könnte.
Hans Leu, Werkstattflucht
Wie es oft so geht. Man ist in Gedanken woanders, achtet nicht auf den Weg, und schon passiert es: Man stolpert über eine Unebenheit, einen Pflasterstein, der hervorsteht, oder eine Wurzel, die sich über den Weg geschoben hat. Im letzten Moment kann man sich auffangen…
Stolpern trifft einen völlig unerwartet. Das letzte Mal als ich gestolpert bin, endete das mit einem Bruch der Mittelhandknochen. Seither gebe ich Acht beim Gehen und konzentriere mich auf das, was vor meinen Füssen liegt. Stolpern ist mit einem Schreckmoment verbunden. Der ist heilsam und wichtig. In Zukunft werde ich die Augen offen halten, mich besser festhalten, mein Gleichgewicht trainieren, mich weniger ablenken lassen. Stolpern löst etwas aus. Ich werde mir einer Schwäche bewusst. Ich beurteile eine Situation neu. Ich mache mir über Alternativen Gedanken. Stolpern setzt etwas in Gang, macht aufmerksam auf Dinge, die ich ausgeblendet habe, hält Einsichten bereit und eröffnet einen neuen Blick.
In unserer neuen Kolumne «Worüber ich gestolpert bin» schreiben Autor:innen über persönliche Erlebnisse und Erkenntnisse in sogenannten Stolper-Situationen.
Für das Redaktionsteam Pfarrerin Hanna Kandal
Dr. Norbert Bischofberger
Redaktor und Moderator SRF
reformiert.lokal 11/22
Pannier Selvam, Stv. Werkstattleiter WERK.STATT.FLUCHT
reformiert.lokal 8/22
Bruno Reich, von 1992-2014 Organist in Oerlikon
reformiert.lokal 6/22