Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?
Eine heikle Mission: Tobias muss reisen. Er soll Geld eintreiben, das sein erblindeter Vater Tobit vor 20 Jahren verliehen hat. Doch Tobias kennt den Weg nicht, benötigt einen Reisegefährten. Kein geringerer als der Engel Raphael begleitet ihn daher, ohne dass Tobias weiss, mit wem er reist.
Der Reisegefährte hilft Tobias. Nicht nur das Geld kommt zurück in die Familie, sondern der Vater wird geheilt und Tobias findet in Sara seine Traumfrau. Wenn das mal keine Geschichte ist, die zu den Sommertagen passt! Sommertage, in denen wir vielleicht selbst reisen, mit oder ohne Reisegefährten; in denen alles ein wenig langsamer geht, wir mehr Zeit für Geschichten haben. Gerade auch für Geschichten, von denen wir wissen, dass sie im Leben nicht immer so geschehen, aber vielleicht geschehen könnten; die uns Ausschau halten lassen nach Gefährten für (Lebens-)Reisen.
In bewährter Manier gestalten Saatlen und Schwamendingen dieses Jahr wieder ihre Sommergottesdienste zusammen, diesmal mit dem Buch Tobit. Für die Reformierten gehört es nicht in den biblischen Kanon, für die katholische Kirche und viele orthodoxe Kirchen hingegen schon. Es erzählt von Tobit und seiner Frau Hanna zur Zeit des Exils. Im Tobit-Buch wird die Welt als Exil beschrieben, in der Menschen ihre Wege suchen müssen. So ist das Wort «Weg» ein Leitthema des Buches. Das Leben wird als Reise beschrieben. Im Buch Tobit geschieht das in Form eines «Midrasch», der verschiedene biblische Texte aufnimmt und zu einer neuen Geschichte verwebt. Zudem werden Märchenmotive, Zaubermittel und internationale Romane der damaligen Zeit zitiert. In guter Midrasch-Tradition geschieht das kunstvoll und mit Humor.
Das Tobit-Buch erzählt eine phantastische Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes. Als Geschichte von Not und Rettung, Fügung und Wille, Treue und Zweifel, Ernsthaftigkeit und Humor lädt sie ein, sich mit der eigenen Geschichte zu verbinden; und wird so selbst zum Reisegefährten.
A. Köhler-Andereggen
Ein weiser Pfarrer hat sie Wegwerfprodukte genannt. Und Rhetorikerinnen betonen, dass sie Reden und keine Schreiben seien. Predigten sind Sprechakte, und was hier ins Netz gestellt wird, sind Manuskripte, nicht mehr. Wenn sie als solche indessen ein Gemeindeglied in den Ferien am fernen Strand an zuhause erinnern oder einen im Schreibstau im Internet surfenden Kollegen zur nächsten Zeile inspirieren, dann – ja, was will man dann mehr?