EINE FÜLLE AN CHÖREN


Musik als uni­ver­selle Sprache ist aus dem kirch­lichen Leben nicht mehr weg­zu­denken. Gemein­sames Singen fördert zudem den Gemein­sinn – die Sozial­wissen­schaft kann das be­legen. Auch die Refor­ma­toren liessen sich von der Wir­kung von Musik ver­zau­bern.

Übersicht Chorangebote


Ent­decken Sie in unserer Über­sicht die Chor­ange­bote in der refor­mierten Kirch­gemeinde Zürich.

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Obwohl Huldrych Zwingli grosses musi­ka­lisches Ta­lent be­sass, hat er die Musik und den Ge­sang aus den Kirchen­räumen ver­bannt – «eine weit ver­brei­tete, aber falsche An­nahme», sagt Daniel Schmid. Als Kan­tor am Gross­münster hat er sich inten­siv mit dem Thema Musik während der Refor­ma­tion aus­ein­ander­ge­setzt. Und muss gleich mal eine Lanze für die Refor­matoren brechen. Sie seien dem Singen näm­lich äusserst posi­tiv gegen­über­ge­standen: «Beten, klagen, loben, das Evan­gelium ver­künden – das alles kann das Singen leis­ten. Das haben auch die Refor­matoren ge­wusst», so Daniel Schmid. Als Leut­priester am Gross­münster wurde Huldrych Zwingli vom Zürcher Rat mit der Refor­mation be­auf­tragt. In diesem Kon­text hat er 1525 im Be­gleit­schreiben zur ersten Abend­mahls­litur­gie ge­schrieben: «Damit möch­ten wir aber weitere gottes­dienst­liche Bräuche … so den Ge­meinde­gesang und anderes, keines­wegs etwa ver­worfen haben.»

Musik berührt die Seele und verbindet

Die heutige Tradi­tion des Ge­meinde­singens in den refor­mierten Kir­chen ist also durch­aus im Sinn der Refor­matoren. Huldrych Zwingli soll sich bei­spiels­weise jeden Donners­tag mit Pfarr­kollegen zum Musi­zieren ge­troffen haben. Dass zu Zwinglis Zeiten in den Kir­chen nicht ge­sungen wurde, hatte laut Daniel Schmid andere Gründe: Als Zwingli ans Gross­münster kam, bein­hal­tete die Litur­gie Mess­gesänge des Klerus. Diese waren auf Latei­nisch – eine Sprache, die die wenig­sten ver­standen. Zwingli kämpfte dafür, dass die Ge­meinde­mit­glieder dem Gottes­dienst in­halt­lich in der Volks­sprache folgen konnten – aus diesem Grund ver­schwanden auch die Mess­gesänge. «Mit dem Singen hatte das nichts zu tun», so Daniel Schmid. Bis heute haben Musik und Gesang einen hohen Stellen­wert im refor­mierten kirch­lichen Leben – sei es im Gottes­dienst, an Kon­zerten, in wöchent­lichen Chor­proben oder zu beson­deren An­lässen. «Musik findet den Weg in die tiefen Schichten unserer Seele», sagt der Gross­münster-Kantor. «Damit schafft ein Lied viel mehr, als es Worte jemals können.» Gerade das gemein­same Singen entfalte eine enorme Kraft: «Es ver­bindet die Men­schen mit­ein­ander.»

Die beson­dere Magie des gemein­samen Singens offen­bart sich dieses Jahr am Zürcher Sing­fest: Es findet im Juni in den Alt­stadt­kirchen statt und richtet sich unter dem Motto «Sing mit …» an Einzelpersonen und Chöre. «Unser Ziel ist es, auf die Schön­heit von Vokal­musik hin­zu­weisen und Mut zu machen, wieder ver­mehrt zu singen», so der Gross­münster-Kantor, der die Durch­füh­rung des Festi­vals als Pro­jekt­leiter mit­ver­ant­wortet.

Singen kurbelt Glückshormone an
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Die Sehn­sucht nach dem Singen sei gross. «Viele Er­wach­sene er­zählen mir, dass sie gern singen lernen möch­ten.» Ihm ist be­wusst, dass Singen für viele unge­wohnt ist. «Für Men­schen mit Start­schwie­rig­keiten ist das Singen in der Gruppe ein­facher», sagt Daniel Schmid. Die stär­keren könnten die schwächeren unter­stützen und mit­reissen. «Ich sage immer: Wer sprechen kann, kann auch singen. Denn wie beim Singen wech­seln wir auch beim Sprechen die Ton­lage.» Nicht zu­letzt macht uns das Singen auch empa­thischer, wie Sing­forscher Dr. Karl Adamek nach­ge­wiesen hat. Er forscht seit Jahren zum Singen als All­tags­ver­halten und fand heraus, dass das Bin­dungs­hormon Oxy­tocin beim Singen ver­stärkt im Gehirn pro­du­ziert wird. Oxy­tocin brauchen wir, um Mit­gefühl zu empfin­den und uns sozial ver­hal­ten zu können. «Über die An­kur­be­lung der Glücks- und der Bindungs­hor­mone stärkt gemein­sames Singen die sozi­alen Binde­kräfte und den Gemein­sinn und wird somit poten­ziell zum Ge­stal­tungs­mittel für sozi­ale Gemein­schaf­ten», so Dr. Karl Adamek in der Zeit­schrift «Chor und Konzert». Auch die Pro­duk­tion von Sero­tonin und Dopa­min im Gehirn werde durch das Singen ange­regt. Die Schluss­fol­gerung von Dr. Karl Adamek: «Wir sind in der Lage, uns in einen glück­lichen Blick auf die Welt zu singen.» Ob jung oder alt, Laie oder Profi, musi­ka­lisch oder nicht: Singen ist uni­ver­sell und in den Worten von Daniel Schmid «ein mensch­liches Urbe­dürf­nis wie Essen und Trinken». Dass es zudem auch noch tief in der DNA der refor­mierten Kirche steckt, dürfte manche über­raschen. Kantor Daniel Schmid: «Ich bin über­zeugt: Zwingli hätte das Ge­meinde­singen offi­ziell ein­ge­führt, wenn er nicht auf dem Schlacht­feld gestor­ben wäre.» So war es sein Nach­folger Hein­rich Bullinger, der die Musik in die Kirchen­räume zurück­brachte.


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Konzert im Gross­münster. © Urs Bosshard


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